29. September 2022

Medienmitteilung aeesuisse: Ständerat beschliesst – wie von aeesuisse gefordert – ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien

Das vom Ständerat beratene Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien schafft wichtige Grundlagen für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung in der Schweiz. Der Wirtschaftsdachverband aeesuisse begrüsst und unterstützt die fundierte Arbeit der kleinen Kammer grossmehrheitlich.

Der Ständerat korrigiert – wie von der vorberatenen Energiekommission vorgeschlagen – die Ausbauziele für die Produktion aus erneuerbaren Energien erheblich nach oben. Im Rahmen der Beratung des Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien fordert der Ständerat, dass die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft bis zum Jahr 2035 auf 35 TWh ausgebaut wird. Der Bundesrat wollte 17 TWh. Bis 2050 sollten gemäss der kleinen Kammer mindestens 45 TWh Strom aus erneuerbaren Energien produziert werden. Mit den wichtigen Anpassungen übernimmt der Ständerat die von der aeesuisse geforderten Ziele. «Die vom Ständerat angesetzten Ausbauziele orientieren sich konsequent an der 2017 von der Bevölkerung verlangten Energiewende. Und die Zielerreichung ist die Grundlage für eine nachhaltige und sichere Energieversorgung in der Schweiz», sagt Stefan Batzli, Geschäftsführer des Wirtschaftsdachverbands aeesuisse. Eine wichtige Grundlage zur Erreichung dieser Ziele sind die ebenfalls beschlossenen Verbesserungen in der Raumplanungsgesetzgebung.

Effiziente Förderung dank gleitender Marktprämie

Zur Erreichung der Ausbauziele setzt der Ständerat – anders als der Bundesrat – auch auf eine gleitende Marktprämie, ein marktnahes und wirksames Finanzierungsmodell für erneuerbare Energien, wie es europaweit im Einsatz ist. Während Kleinanlagen wie bis anhin mit einem einmaligen Investitionsbeitrag unterstützt werden sollen, werden Grossanlagen mittels einer wettbewerblichen Ausschreibung für gleitende Marktprämien gefördert. In diesem Rahmen erhalten die günstigsten Angebote für Grossanlagen, die aus den Ausschreibungen hervorgehen, Anspruch auf eine Vergütungsgarantie zum Gebotspreis. Steigt der Preis für den bereitgestellten Strom über den Gebotspreis, fliessen die Gewinne zurück in den Netzzuschlagsfonds. Damit planungsintensive Technologien wie Wind- und Wasserkraftanlagen durch die Ausschreibungen nicht benachteiligt werden, sollen entsprechende Vorleistungen ausserhalb der Auktion unterstützt werden.

Das marktnahe Finanzierungsmodell wurde auf Initiative der aeesuisse von einer breiten Allianz der Schweizer Energiewirtschaft entwickelt. Entsprechend begrüsst die aeesuisse den Entscheid der kleinen Kammer ausserordentlich. «Bei dem von uns initiierten Fördermodell fliessen die Fördergelder nur, wenn der Markpreis unter dem offerierten Preis liegt und nicht in jedem Fall, wie das bei den vom Bundesrat präferierten Investitionsbeiträgen der Fall ist. Das macht die gleitende Marktprämie wesentlich effizienter als Investitionsbeiträge», so Batzli.

Verschuldung und Erhöhung Netzzuschlagsfonds

Damit die geforderten Ausbauziele realisiert werden können, soll sich der Netzzuschlagsfonds – aus dem der Zubau der erneuerbaren Stromproduktion gefördert wird – gemäss Ständerat verschulden dürfen. Auch dafür hat sich die aeesuisse vorgängig stark gemacht und unterstützt folglich den Entscheid. «Mit einer möglichen Verschuldung des Netzzuschlagsfonds kann gewährlistet werden, dass die für den Ausbau benötigten Mittel bereitstehen», sagt der aeesuisse-Geschäftsführer. Ob diese Verschuldungsmöglichkeit aber ausreichend ist, um die Umsetzung der ambitionierten Ziele adäquat zu finanzieren, ist unsicher und abhängig von der allgemeinen Energie- und Strompreisentwicklung. Entscheidend ist, dass die Ausbauziele die Höhe der verfügbaren Mittel definieren und nicht umgekehrt. Nur so lassen sich mögliche neue Wartelisten vermeiden. Deshalb fordern wir den Nationalrat auf, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, den Netzzuschlagsfonds zu erhöhen, wenn sich abzeichnet, dass die Ausbauziele mit den verfügbaren Mitteln nicht erreicht werden können.

Harmonisierte Abnahmevergütung

Bis anhin nehmen die verschiedenen Energieversorger den durch private Produzenten
dezentral produzierten erneuerbaren Strom zu sehr unterschiedlichen Preisen ab. Gemäss Ständerat müssen diese Abnahmevergütungen neu harmonisiert werden. Eine Minimal- und eine Maximalvergütung stellt sicher, dass Investitionen durch Private tatsächlich getätigt werden. Die Minimalvergütung orientiert sich an der Amortisation von Anlagen ohne Eigenverbrauch über die durchschnittliche Lebensdauer unter Berücksichtigung der Investitions-, Betriebs- und Unterhaltskosten sowie allfälliger Förderbeiträge.

Ausweitung Elektrizitätsgemeinschaften

Das bestehende Modell der Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (ZEV) hat sich in der Praxis bewährt und dazu geführt, dass insbesondere PV-Anlagen rentabler betrieben werden können. Jedoch sind ZEV nach heutigem Recht auf physische Leitungsverbindungen angewiesen, unter Ausschluss des öffentlichen Netzes. Entsprechend beschränken sie sich insbesondere auf Neubauten und dabei auf einzelne Gebäude oder wenige benachbarte Bauten.

Damit der Strom möglichst dort genutzt werden kann, wo er auch bereitgestellt wird, soll dieses System gemäss Ständerat ausgeweitet werden. Neu sollen lokale Elektrizitätsgemeinschaften ermöglicht werden, deren Teilnehmenden unter Inanspruchnahme des Verteilnetzes miteinander verbunden sind. Für einen entsprechenden Ausbau der ZEV hat sich auch die aeesuisse engagiert. Denn die heutige Technik erlaubt eine Ausweitung der Elektrizitätsgemeinschaften, ohne zusätzliche Kupferkabel zu verlegen. «Mit dem geforderten Ausbau hin zu lokalen Elektrizitätsgemeinschaften werden Anreize zum Bau neuer PV-Anlagen mit hohem Eigenverbrauch geschaffen, was den PV-Zubau ohne zusätzliche Fördergelder ermöglicht», sagt der aeesuisse-Geschäftsführer.

Netzentgeltbefreiung von Speicherlösungen verpasst

Neben den aus Sicht der aeesuisse vielen richtigen und wichtigen Entscheidungen des Ständerates, hat es die kleine Kammer leider verpasst, sinnvolle Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb von Grossspeichern und dezentralen Speichern zu schaffen. Gemäss der kleinen Kammer sollen Speicheranlagen ohne Endverbraucher sowie Anlagen zur Umwandlung von Strom in Wasserstoff oder synthetisches Gas vom Netzentgelt befreit werden – ausgeschlossen von der Netzbefreiung sind jedoch weiterhin Batteriespeicher. «Wir bedauern, dass der Ständerat der Tatsache nicht genügend Rechnung trägt, dass die Stromversorgung zunehmend von Flexibilität in der Erzeugung sowie der Nachfrage und damit von unterschiedlichen Speicherlösungen abhängig sein wird», so Batzli. Gerade Autobatterien werden dank der rasanten Entwicklung der Elektromobilität innert wenigen Jahren gewaltige Speicherkapazitäten bereitstellen können. Mit den Möglichkeiten des bidirektionalen Ladens stehen in naher Zukunft neu steuerbare und für die Stabilität des Energiesystems relevante Mengen an flexiblen Lasten zur Verfügung, die Energieengpässe über Stunden und Tage auffangen können. Bei der Netzentgeltbefreiung von Speicherlösungen muss aus Sicht der aeesuisse der Nationalrat entsprechen nachbessern.

Energieeffizienz vorantreiben

Weiter hat es der Ständerat verpasst, weitere Massnahmen im Sinne der Energieeffizient im Gebäudepark zu beschliessen. Er hat sich mehrheitlich gegen eine starke Minderheit der vorberatenden Kommission ausgesprochen, die gesetzliche Rahmenbedingungen für die fachgerechte Inbetriebnahme und die periodische Betriebsoptimierung der Gebäudetechnik bei energieintensiven Gebäudetypen forderte. Auch hier muss der Nationalrat aus Sicht der aeesuisse nachbessern. So fallen rund 45 Prozent des Schweizer Energiebedarfs in Gebäuden an. Weiter verantwortet der Gebäudepark rund einen Drittel des inländischen CO2-Ausstosses. Alleine durch die Optimierung der bereits bestehenden Gebäudetechnik können rund 15 Prozent der Energie eingespart und entsprechend Treibhausgas-Emissionen vermieden werden. Und insbesondere energieintensive Gebäudetypen weisen ein enormes – leider noch weitgehend ungenutztes – Energieeffizienzpotenzial auf.

 

Hier geht es zum aeesuisse-Positionspapier zum Mantelerlass
Hier geht es zum Positionspapier zur Marktprämie

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