9. März 2023
Medienmitteilung aeesuisse: Richtiger Einsatz von erneuerbaren Ressourcen stärkt Energieunabhängigkeit
Dank einem überlegten Einsatz heimischer Energieträger kann die Energieunabhängigkeit und -resilienz der Schweiz massiv erhöht werden. Die Prinzipien für die optimale Nutzung heimischer Ressourcen beschreibt der Wissenschaftliche Beirat der aeesuisse in einem aktuellen Positionspapier.
Die Energieunabhängigkeit der Schweiz liegt bei gerade 30 Prozent. Zum Vergleich: Die Selbstversorgung bei Nahrungsmitteln, die oft als unzureichend bezeichnet wird, beträgt fast 60 Prozent. Mit wenigen und einfachen Prinzipien für den optimalen Einsatz heimischer Energieträger liesse sich dieses Verhältnis auch bei der Energieversorgung deutlich verbessern. So verfügt die Schweiz über ein grosses Potenzial an heimischen erneuerbaren Ressourcen, die – richtig eingesetzt – langfristig den Grossteil des Bedarfs decken könnten. Angesichts der Vielfalt und geografischen Verteilung der Ressourcen und des Bedarfs ist es jedoch entscheidend, deren Nutzung zu optimieren.
Leitlinien für die Nutzung von Ressourcen zur Wärmeerzeugung
Raumwärme und industrielle Prozesse machen rund 50 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs der Schweiz aus. Zahlreiche Energieressourcen können die einheimische Wärmeversorgung sicherstellen, aber nicht alle sind untereinander gleichwertig. Zunächst muss zwischen «ortsgebundenen» und «nicht-ortsgebundenen» Ressourcen unterschieden werden. Zu berücksichtigen ist auch das «exergetische» Potenzial der Ressource, sprich deren Fähigkeit, bestimmte Energiedienstleistungen mit hoher Wertschöpfung zu erbringen.
Angesichts dieser unterschiedlichen Eigenschaften der zur Wärmebereitstellung nutzbaren Ressourcen ergibt sich die folgende Reihenfolge für die Nutzung dezentraler ortsgebundener Ressourcen zur Wärmeerzeugung: Grundwasser, Erdwärme, Umgebungsluft. Nur wenn diese nicht in ausreichender Menge lokal verfügbar sind, sollten (nicht-ortsgebundenes) Energieholz und Biogas eingesetzt werden. Andernfalls verringert sich der Deckungsgrad der heimischen Ressourcen, und es erhöht sich der Importbedarf.
Leitlinien für die Nutzung von Ressourcen zur Stromerzeugung
Während die Qualität von Wärme von ihrer Temperatur abhängt, gibt es bei elektrischem Strom keine entsprechenden Qualitätsunterschiede. Dennoch stellt sich die Frage nach der Ressourcenpriorisierung: Eine elektrische kWh, die im Winter produziert wird, wenn die Schweiz in erheblichem Umfang auf Stromimporte angewiesen ist, ist wertvoller als die kWh im Sommer. Weiter ermöglicht der hohe exergetische Wert von Elektrizität hochwertige und vielfältige Anwendungen. Vor diesem Hintergrund sollte Elektrizität vorrangig für Zwecke mit hochexergetischem Energiebedarf eingesetzt werden. Auch sollte Stromverschwendung insbesondere im Winter vermieden werden. Neben dem bestehenden Verbot von Elektroheizungen in Neubauten sowie dem Ersatzverbot sollte in sehr schlecht isolierten Gebäuden der Einsatz von Wärmepumpen vermieden werden, respektive sollten diese Gebäude vorher energetisch saniert werden.
Zudem sollte die Stromerzeugung im Winter ausgebaut werden. Damit könnte vom Herbst bis in das Frühjahr mehr Wasser in den Stauseen gehalten werden, was die Stromimporte aus dem Ausland verringern würde. Ebenfalls sollte die saisonale Energiespeicherung gefördert werden. Aktuell erlaubt die Kapazität der Stauseen nur einen begrenzten Sommer-Winter-Transfer von rund neun TWh, da die Stauseen am Ende des Sommers gefüllt sind und somit keine zusätzliche Kapazität zur Verfügung steht. Daher müssen entweder einige Staudämme erhöht werden (Potenzial von zusätzlich 2 TWh) oder andere Formen der saisonalen Speicherung wie z. B. Power-to-X genutzt werden.
Folgen der Nichtumsetzung der Empfehlungen
Würden diese Leitlinien konsequent und koordiniert eingehalten, wäre die Schweiz in der Lage, fast den gesamten Energiebedarf inländisch und erneuerbar zu decken. Werden diese Leitlinien dagegen nicht eingehalten oder zu spät umgesetzt, ist die Schweiz gezwungen, weiterhin in gewaltigem Umfang fossile Energieträger zu importieren und die Gesellschaft einer Energieknappheit auszusetzen. Kurzum: Die Energieunabhängigkeit der Schweiz hängt von der Fähigkeit ab, die richtige Ressource am richtigen Ort für den richtigen Zweck zu nutzen.