20. Dezember 2022
Kommentar zur Wintersession: UVEK in neuen Händen
Eine energie- und klimapolitisch vergleichsweise ruhige Wintersession ist letzte Woche zu Ende gegangen. Höhepunkt der Session waren die Ersatzwahlen für den Bundesrat. Wir gratulieren den beiden Neugewählten Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti. Und wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit Albert Rösti als neuen Vorsteher des UVEK. Simonetta Sommaruga danken wir für ihr grosses Engagement und die wichtigen Vorlagen, die sie auf den Weg gebracht hat. Wir wollen am eingeschlagenen Weg festhalten. Denn: Nur eine beschleunigte Energiewende wird uns langfristig echte Versorgungssicherheit garantieren. Erfreulich sind in diesem Zusammenhang auch die Entscheide in verschiedenen Kantonen, die in die gleiche Richtung zeigen. Allen voran der Kanton Graubünden, der beispielsweise Elektroheizungen aus dem Verkehr ziehen will.
Die Energiekrise liefert weiterhin viel Gesprächsstoff. Es steht die Behauptung im Raum, wonach die Energiestrategie 2050 für die aktuellen Herausforderungen verantwortlich sei. Diese Aussage ist falsch. Die Ursachen für unsere Energiekrise liegen auf dem Tisch und sie gründen zum einen in unserer massiven Abhängigkeit von fossilen Energien und zum anderen in einer Atomenergie, die nicht verlässlich ist. Putin hat nicht nur die Ukraine ins Elend gestürzt, sondern versucht ganz Europa zu destabilisieren, indem er uns den Gashahn zudreht. Und in Frankreich stehen mehr als die Hälfte der Atomkraftwerke still, weil sie dringend revidiert werden müssen. Beide Ausfälle führen zu einer massiven Energieknappheit in Europa. Davon betroffen ist auch die Schweiz. Auf beide Abhängigkeiten liefert die Energiestrategie 2050 die passende Antwort, weil sie die erneuerbaren Energien ausbauen und die Energieeffizienz stärken will. Dass wir in beiden Bereichen zu langsam unterwegs waren, hat mittlerweile auch die Politik erkannt und entsprechend nachreguliert. Schlankere Bewilligungsverfahren, verlässliche Finanzierungsinstrumente, die sich am Markt orientieren (gleitende Marktprämie) und ambitionierte Ziele sind u.a. wesentliche Verbesserungen, die der Ständerat auf den Weg gebracht hat. Ein Zurück in die Vergangenheit gibt es nicht. Der einzige Weg, der uns aus dieser Krise führt, ist eine konsequente Umsetzung der Energiewende. Dafür setzen wir uns ein. Auch in der vergangenen Woche zu Ende gegangenen Wintersession.
Mobilisierung der Wirtschaft für eine Abstimmungskampagne
Der Ständerat hat in der Wintersession sowohl die Gletscherinitiative als auch den direkten Gegenvorschlag abgelehnt. Dies vorwiegend aus taktischen Überlegungen, weil er dem indirekten Gegenvorschlag den Vorzug gibt. Konkrete Massnahmen auf Gesetzesstufe wirken rascher und nützen dem Klima mehr. Das Parlament hat dazu bereits in der Herbstsession klar Stellung bezogen. Noch ist die Vorlage aber nicht im Trockenen, weil auch dieses moderate Klimagesetz bekämpft wird. Zwar kommunizierte die SVP jüngst, dass sie Probleme beim Sammeln der Unterschriften für das Referendum habe. Wir beurteilen das aber mehr als PR-Aktion und gehen davon aus, dass wir nächstes Jahr in eine Volksabstimmung gehen müssen. Auf jeden Fall ist die aeesuisse daran, die Wirtschaft wieder für eine Abstimmungskampagne zu mobilisieren. Dies in der Überzeugung, dass diese Vorlage in der Bevölkerung eine Mehrheit finden muss, will die Schweiz auch in Zukunft eine ernsthafte Klimapolitik betreiben. Unternehmen und Verbände, die sich einer «Allianz der Wirtschaft für das Klima» anschliessen möchten, sollen sich direkt bei uns melden.
Strategie für grünen Wasserstoff
Der Nationalrat hat der Motion von NR Gabriela Suter zugestimmt. Damit wird der Bundesrat beauftragt eine Strategie für grünen Wasserstoff in der Schweiz auszuarbeiten. Der Entscheid fällt zusammen mit einer neuen Studie, welche der VSE und die EMPA publiziert haben. Diese zeigt auf, wie die Energieversorgung bis 2050 aussehen kann. Die Studie beinhaltet viele gute Elemente und weist darauf hin, wie wichtig ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien, eine Stärkung der Energieeffizienz und der Energienetze sowie ein enger Energieaustausch mit Europa ist. Wasserstoff wird als zentrale neue Ressource, die zwar primär nur aus dem Ausland importiert wird, eingeführt. Nicht überzeugend, da viel zu bescheiden, sind die Ausbauziele, die in der Studie genannt werden. Mit 37 TWh bis 2050 sind die Studienmacher weit hinter den Zielen zurückgeblieben, die der Ständerat im Herbst ins neue Energiegesetz geschrieben hat. Rechnet man die 37 TWh um auf ein durchschnittliches Jahresziel, landen wir bei rund 1.3 TWh erneuerbaren Strom. Alleine die Photovoltaik wird dieses Jahr rund 1 TWh neuen erneuerbaren Strom bereitstellen und damit die Ziele des VSE schon fast egalisieren. Deshalb halten wir es mehr mit dem Ständerat und sind ebenfalls der Überzeugung, dass wir rasch die Zielgrösse von 2 TWh jährlich erreichen müssen. Ein durchaus realistisches Ziel angesichts der Tatsache, dass in den nächsten Jahren neben der Photovoltaik jetzt endlich auch neue Windkraftwerke gebaut werden können.
Energiespeicherung und Speicherkapazität: Die Regulierung hinkt hinterher
Noch nicht gross ein Thema ist die Energiespeicherung und die neuen Speicherkapazitäten, die mit der Elektromobilität heute und in den kommenden Jahren im ganz grossen Stil zugebaut werden. Hier hinkt die Regulierung der wirtschaftlichen und technologischen Dynamik hinterher. Es ist unverständlich, weshalb Batteriespeicher zweimal ein Netzentgelt zu zahlen haben und anders behandelt werden als Pumpspeicherkraftwerke. Damit vergeben wir uns die Chance, neu verfügbare Speicherkapazitäten optimal ins Energiesystem einzubinden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Wir werden alles daransetzen, dass Batterien künftig netz-, system- und marktdienlich eingesetzt werden können. Bei einer vollen Elektrifizierung der Mobilität reden wir von einer Speicherkapazität, die Pumpspeicherkraftwerke um das Zehnfache übersteigt. Das sollten wir in Zukunft nützen können. Dafür braucht es Anpassungen im neuen Energie- und Stromversorgungsgesetz. Wir bleiben da dran, auch mit Grundlagen, wie wir sie mit einem Kompendium zur Batteriespeicherung erst kürzlich aufgelegt haben.
Energieeffizienz ist der Schlüssel zu Netto-Null
Das Jahr der grossen Würfe in der Energie- und Klimapolitik neigt sich dem Ende zu. Nächstes Jahr geht es im gleichen Tempo weiter, stehen doch mit dem Mantelerlass und dem neuen Klimagesetz wegweisende Entscheide an. Viele Vorlagen sind dank einem konstruktiven Parlament, einer kompetenten UVEK-Chefin und willigen Kantonen gut aufgegleist. Einzelne sind bereits entschieden, insbesondere in den Kantonen. 2023 wird anspruchsvoll bleiben, weil sich die geopolitische Ausgangslage nicht so schnell verändern wird. Eine sichere Energieversorgung bleibt auch für den Winter 2023/24 eine Herausforderung. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen und nuklearen Ressourcen weiter reduzieren, den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen und die Energieeffizienz massiv stärken. Letzteres fordert dringend mehr Aufmerksamkeit, weil bekanntlich die beste Kilowattstunde die ist, die nie verbraucht wird. Die Energieeffizienz ist der Schlüssel zu Netto-Null und sie muss endlich richtig beanreizt werden, wie das beispielsweise im neuen Klimagesetz angedacht ist.
Stefan Batzli, Geschäftsführer