28. Februar 2023

Aktualisierung des Raumkonzepts: Raum schaffen für die Energiewende

Das Raumkonzept Schweiz ist ein anerkannter Orientierungsrahmen und eine Entscheidungshilfe für die Raumentwicklung der Schweiz. Es ist das erste Strategiedokument der Schweizer Raumentwicklung, das von allen Staatsebenen gemeinsam entwickelt und getragen wird. Die Trägerschaft des Raumkonzepts Schweiz hat nun beschlossen, das gemeinsame Strategiedokument aus dem Jahr 2012 zu aktualisieren. Im Vorfeld des Aktualisierungsprozesses hat die aeesuisse als anerkannte Sachverständige für Erneuerbare Energien ihre Inputs dem Bundesamt für Raumplanung übermitteln dürfen: Die Raumplanung in der Schweiz muss die Bereitstellung, den Transport, die Speicherung und die Nutzung erneuerbarer Energien ermöglichen, und in die Gestaltung von Siedlungen und Landschaften vorausschauend einbeziehen.

Die Raumplanung berücksichtigt als zentrales Instrument die Bedürfnisse der Gesellschaft. Die nachhaltige, effiziente, sichere und preiswerte Energieversorgung ist eine grosse Herausforderung unserer Zeit. Deren Wichtigkeit wurde in der Raumplanung bis anhin nicht genügend Bedeutung beigemessen. Das Raumkonzept muss daher den Flächenbedarf für die Bauten und Anlagen, die für die Umsetzung der Energie- und Klimastrategie notwendig sind, inner- und ausserhalb der Bauzonen einbeziehen: Für Strom- und Wärmenetze, Wasserkraftwerke, (alpine) PV-Freiflächenanlagen, Windkraftwerke, Kleinwasserkraftwerke, Geothermie-Anlagen, aber auch Speicherinfrastruktur (Power-to-X etc.), netzseitige Anschlüsse und Versorgungsleistungen für Strom und Fernwärme sowie Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität, gilt es den nötigen Raum zu schaffen und durchzusetzen.

Die Photovoltaik wird in Zukunft neben der Wasserkraft zum wichtigsten Pfeiler für die Schweizer Stromversorgungssicherheit und bis 2050 massiv ausgebaut werden, hauptsächlich dezentral auf Dächern. Zusammen mit der Elektrifizierung des Verkehrs und der Wärmeanwendungen bedingt das auch einen Netzausbau und -umbau, vor allem auf den unteren Netzebenen. Wichtig ist hierbei möglichst nach dem Grundsatz «Intelligenz vor Kupfer» vorzugehen. Der Ausbau der alpinen Photovoltaik bedingt zudem den Bau entsprechender Zuleitungen. Die Rahmenbedingungen müssen so geschaffen werden, dass das vorhandene Potenzial in überbautem Gebiet so schnell und umfassend wie möglich genutzt werden kann.

Die für eine nachhaltige Energieversorgung notwendigen Anlagen erstrecken sich auch über Nichtbaugebiet. Dies betrifft neben der Windenergie insbesondere auch die Wärmeversorgung: Thermische Netze bieten grosses Potenzial, sie müssen aber frühzeitig geplant und auf die Siedlungsentwicklung abgestimmt werden. Regionale und kommunale Energierichtpläne, die vom Kanton koordiniert werden, sind sehr sinnvoll. Das enorme Potenzial der Nutzung von See-Energie, Grundwassernutzung und Geothermie muss dabei grössere raumplanerische Priorität erhalten, sodass das Potenzial abgeschöpft werden kann. Auch die Koordination der Holznutzung ist hierbei stärker zu berücksichtigen. Denn die Nutzung einer nicht-ortsgebundenen Ressource, wo eine ortsgebundene Ressource vorhanden ist, lässt das Potenzial der ortsgebundenen Ressource ungenutzt und vernichtet zugleich das wertvolle Potenzial der nicht-ortsgebundenen Ressource für eine Nutzung an einem anderen Ort. Nicht-ortsgebundene Ressourcen sollten für Hochtemperaturanwendungen, die typischerweise über 120 °C liegen (industrielle Prozesse) sowie dort, wo keine Konkurrenz mit ortsgebundenen Ressourcen besteht, eingesetzt werden.

Für alle diese Anlagen müssen Rechts- und Planungssicherheit optimiert werden, indem die Planung besser koordiniert, Interessenskonflikte frühzeitig adressiert und die Bewilligungsfähigkeit sichergestellt werden. So sollen z.B. Handlungsräume für die Nutzung erneuerbarer Energien (nicht nur PV) geschaffen werden, innerhalb derer erneuerbare Energien einen Vorrang geniessen. Bei der Festlegung dieser Vorranggebiete für erneuerbare Energien soll eine Interessenabwägung mit anderen Interessen stattfinden. Nach der Interessenabwägung muss jedoch abschliessend klar sein, wo welche Formen der erneuerbaren Energieproduktion ausgebaut und genutzt werden können. Zahlreiche dieser Infrastrukturen stehen heute in Konflikt mit den Grundsätzen der Raumplanung und des Natur- und Heimatschutzes. Deshalb braucht es eine Interessenabwägung aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. Eine gesunde Biodiversität und intakte Natur bedingen ein stabiles Klima, was wiederum das Gelingen der Energiewende voraussetzt.

Es ist aus unserer Sicht wichtig, das Raumkonzept zu einem Teilinstrument des Bundes weiterzuentwickeln, welches auch andere Bundesinstrumente für Klimaschutz und Dekarbonisierung integriert. Ziel des Raumkonzepts muss es sein, die räumlichen Implikationen des gewollten und möglichen Übergangs in eine klimaneutrale Schweiz anzuleiten, eng verknüpft mit Klima- und Energiestrategien, dem Sachplan Verkehr oder dem Inventar kritischer Infrastrukturen. So könnte das Raumkonzept bundesweit die verschiedenen Wissens- und Planungsgrundlagen der Kantone und Gemeinden, wie Wind- und Solarenergiepotenziale, zusammenführen und die raumplanerischen Leitlinien so definieren, dass die Priorität klar auf der Effizienzsteigerung, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und damit dem für den Erhalt des lebenswerten Raumes alternativlosen Gelingen der Energiewende liegt.